Interview mit der Puschendorfer Feuerwehr

23. Dezember 2020

Helfen ist Trumpf

Gespräch mit den Feuerwehrmännern Alexander Vitzthum und Florian Alber

Zur Person:
Alexander Vitzthum ist 47 Jahre alt und seit 01.01.1992 bei der freiwilligen Feuerwehr. Seit 2007 ist er Kommandant. Vom Maschinisten bis zum Gruppenführer hat er alles erreicht, was in Puschendorf möglich ist.

Florian Alber ist 32 Jahre alt, seit 2003 bei der freiwilligen Feuerwehr und seit 2016 in Puschendorf. Er ist Leiter der Kinder- und Jugendfeuerwehr, Maschinist und Truppmann.

WARUM BIST DU FEUERWEHRMANN?
Alex: „Der ehemalige Kommandant Walter Gall sprach mich an, dass ich doch für die Feuerwehr genau der Richtige sei und das gehört sich doch „am Dorf“ so. Da war für mich gleich klar, das probiere ich mal aus.“

Flo (hier muss er weiter ausholen): „Florian ist der Schutzpatron der Feuerwehr und da mein Vater schon bei der Feuerwehr war, bekam ich diesen Namen. Somit wurde mir die Tätigkeit quasi in die Wiege gelegt. Bei einem großen Brand in Langenzenn sah ich meinen Vater zum Einsatz fahren. Für meinen Vater war es keine große Überlegung, es war selbstverständlich und dies prägte mich, sodass ich auch zur Feuerwehr ging.“

WAS MACHT DICH ZU EINEM FEUERWEHRMANN?
Alex: „Hilfsbereit war ich schon immer. Wenn einer fragt, bin ich immer da, um zu helfen. Spaß hat es mir auch schon immer bereitet. Selbst während meiner Weiterbildung zum Meister war ich nebenbei immer bei Weiterbildungen und brachte mich bei der Feuerwehr ein. Diesen Ehrgeiz habe ich noch immer und mir ist die Arbeit auch sehr wichtig.“

Flo: „Ich interessiere mich schon immer für die Feuerwehr. Nicht nur um zu helfen, klar das ist das Wichtigste, aber für mich ist auch die Technik ein sehr interessanter Punkt. Ich bin sehr ehrgeizig und will mich immer weiterbilden, um zu helfen. Was nützt es, einen Einsatz zu haben und sich dann mit den Geräten nicht auszukennen und nicht richtig helfen zu können? Ein Beispiel ist das hydraulische Rettungsgerät (Schere oder Spreizer), ohne die Kenntnisse über dieses schwere Gerät kann man keine Person aus dem Auto retten. Außerdem bin ich sehr hilfsbereit, das ist sehr wichtig bei der Feuerwehr. Ich möchte jedem im Dorf helfen, wo es nur geht. Für mich ist es wichtig dies als Vorbild an die Jugend weiterzugeben. So wie es einst bei mir und meinem Vater war.“

WELCHE AUFGABEN HAT EIN FEUERWEHRMANN?
Flo und Alex: „90% der Aufgaben bekommt der Bürger gar nicht mit. Vom Beseitigen von Ölspuren, bis hin zu Türöffnungen über Kellerauspumpen oder Tierrettungen ist alles dabei. Auch die Katze auf dem Baum hatten wir schon. Für Veranstaltungen mit Pyrotechnik oder bei der Sonnwendfeier werden wir auch in die Planung mit einbezogen, damit alles brandschutztechnisch in Ordnung ist. Eine große Aufgabe, die auch die Bürger nicht mitbekommen, ist die Arbeit an den Fahrzeugen und die Materialpflege. Sind die Schläuche sauber und trocken nach dem Gebrauch? Autos müssen getankt werden und man muss schauen ob, die Werkzeuge ordentlich laufen und funktionieren. Hinzu kommen monatliche technische Dienste und natürlich die Übungen, die geplant und umgesetzt werden müssen, um immer gut vorbereitet zu sein.“

WIEVIEL ZEIT INVESTIERT IHR FÜR DIE FEUERWEHR?
Alex: „Kurz und knapp so ca. 20 – 30 Stunden im Monat. Das kommt natürlich auf die Aufgaben der einzelnen Kameraden an und auf die jeweilige Position.“
Flo: „Dies ist auch etwas abhängig von den Einsätzen. Ein gutes Beispiel ist der Großbrand im Juli in der Ortsmitte. Die ersten gingen früh um 03:00 Uhr raus und erst am Abend wieder gegen 20:00 Uhr heim, danach dann natürlich noch die Gerätepflege. Man investiert schon einiges an Zeit, mal mehr, mal weniger.“

WELCHE EINSÄTZE WERDET IHR NIE VERGESSEN?
Hier ist es jetzt einige Sekunden sehr still und beide sind für einen Moment sehr nachdenklich…
Alex holt kurz Luft und sagt: „Ja, das sind die Zugunfälle.“ Er unterbricht kurz und ergänzt noch: „Wenn du dann die Gleise runterläufst, du vielleicht nicht ganz wach bist und der Sanitäter dich bittet das Gleisbett zu verlassen, um nicht auf Teile des Opfers zu treten… das ist echt hart.“
Flo: „Auch bei mir war es ein Zugunglück, bei dem Augenzeugen berichteten, dass eine Person vor den einfahrenden Zug fiel. Hier kann man als Feuerwehrmann leider nicht mehr helfen, außer dem Bestatter, der dich bittet, alles was auf das Opfer hinweisen kann, einzusammeln. Das nimmt einen sehr mit und ich habe lange gebraucht, bis ich wieder normal funktioniert habe.“

Wir fragten die beiden, ob sie hier Hilfe in Form von Seelsorger oder ähnlichem bekommen. Alex meinte früher nicht, aber heute stehen hier zum Glück viele Möglichkeiten zur Verfügung.

Nach einer kurzen Pause stellten wir nun unsere weiteren Fragen.

WIE STEHT IHR ZUM THEMA FRAUEN BEI DER FEUERWEHR?
Alex: „Ganz klar positiv und gerne, gerne viele mehr. Zwei Frauen durften wir bereits bei der Feuerwehr in Puschendorf willkommen heißen, wobei eine leider weggezogen ist. Es gibt zwar die Vorgaben mit getrennter Umkleide, aber das war der Feuerwehrfrau eigentlich immer egal. Sie kam auch nachts um drei im Schlafshirt oder einmal nach einem Essen im edlen Kleid, zog sich um und los ging es für Sie. Hier gab es nie Probleme.“
Flo bestätigt: „Gerne mehr Frauen. Hier gab oder gibt es wirklich keine Unterschiede oder Probleme.“

CORONA…GIBT ES HIER EINSCHRÄNKUNGEN ODER ÄNDERUNGEN?

Alex lacht: „Ja, ja Corona. Dadurch gibt es sehr viele Vorgaben. Keine vollbesetzten Fahrzeuge, jeder mit Maske und natürlich Hygienekonzepte die der Feuerwehr vorgegeben werden.“
Flo: „Es behindert schon sehr. Wir müssen uns zusätzlich auf vieles konzentrieren, was uns vom Eigentlichen ablenkt. Da die Leistung darunter nicht leidend darf, fordert es uns stärker, um optimal zu helfen. Automatisierte Abläufe, die ganz klar ablaufen, werden auf einmal zur großen Sache und man muss umdenken. Alles Zeit, die enorm wichtig wäre. Leider dürfen auch die Kleinsten bei der Feuerwehr wegen Corona derzeit nicht weitermachen.“

WIE WIRD DIE KINDER-JUGENDFEUERWEHR ANGENOMMEN?
Flo: „Die Kinder brennen richtig auf die Stunden. Sie wollen üben, üben und üben. Oft mehr, als wir für eine Stunde geplant haben. Gerne würden sie öfter in der Woche kommen, um Neues zu lernen. Es sind derzeit 17 Kinder in der Kinderfeuerwehr (sechs- 12 Jahre) und fünf bei der Jugendfeuerwehr (12- 17 Jahre). Gerne dürfen sich hier auch noch welche anschließen. Wir brauchen Nachwuchs für die Feuerwehr.“

WIE LÄUFT EINE ÜBUNGSSTUNDE BEI DEN KINDERN AB?
Flo: „Im Jugendbereich bereiten wir die Kinder genauso vor, wie bei den Erwachsenen. Es läuft immer im gleichen Schema ab: Die Kinder ziehen sich ihre Feuerwehruniform an. Es wird sich aufgestellt, geprüft wer anwesend ist und dann die Übung aufgebaut. Gefahrenbereichssicherung, Fahrzeugpflege auch Feuer löschen, unter strenger Aufsicht, wird geübt, wie bei den Großen. Auch mit den Autos wird gefahren, um sie frühzeitig darin auszubilden und Einsatztaktiken werden mit ihnen besprochen.“

Alex: „Mit Kindern dürfen wir allerdings noch nicht alles üben, zwecks Gefahrenvorbeugung. Aber auch sie werden besonnen auf Feuer und die Konsequenzen vorbereitet. Unter Aufsicht werden z. B. Kerzen angezündet und ihnen erklärt, was Feuer ist. Natürlich wird unter anderem auch gebastelt und bei der Fahrzeugpflege geholfen. Es macht auch den Kleinsten großen Spaß.“

WAS MUSS EIN KIND MITBRINGEN? GIBT ES EINSCHRÄNKUNGEN?
Flo: „Es gibt keine Einschränkungen oder ähnliches. Das Kind sollte Interesse haben und Ehrgeiz. Es sollte körperlich fit sein, um bestmöglich helfen zu können, aber bei uns ist jeder willkommen. Es gibt auch Wehren, die Mitglieder mit Einschränkungen haben. Auch sie sind Mitglieder und können sich super einbringen. Also jeder ist willkommen.“

WIE STEHT DIE FEUERWEHR ZUR FEIERWEHR?
Alex lächelt: „Mittlerweile gibt es nur noch wenig Jungs oder Kameraden, die sich aufrappeln auf ein Feuerwehrfest zu gehen. Früher war es normal, dass die Partnerwehre geschlossen auf die Feste gegangen sind, um ihren Durst zu löschen. Da sind nachts um vier Uhr 13 Mann heim gelaufen… Heutzutage sind es eher vier Kameraden, die nach einer Radlermaß und 55 Minuten wieder heim wollen, das hat sich schon extrem gewandelt. Auch das Gesellige nach den Übungen lässt stark nach, während früher das Weizen und das Vesperbrot genossen wurde, bimmelt jetzt das Handy mit „ich muss dahin und der muss dorthin.“

Wir fragen: „Warum ist dies eurer Meinung so?“

Hier sind sich beide einig: „Der Wandel der Zeit, definitiv, die Vernetzung durch soziale Medien, das Überangebot an Freizeitgestaltung. Jeder will überall zu 25 % mitmachen. Dazu kommt klar die Arbeit und dann die Familien, die dahinterstehen und natürlich auch Zeit haben wollen.“
Alex ergänzt noch: „Meiner Meinung nach macht auch viel der Dorfwandel aus, viele Neubürger, die keinen Bezug zu Puschendorf haben. Viele wissen gar nicht mehr, wer zwei Straßen weiter wohnt oder welche Vereine es im Ort überhaupt gibt. Es gibt einige, die noch nie am Dorfleben teilgenommen haben und nur zum Schlafen da sind.“

WAS WÜNSCHT IHR EUCH VON DEN BÜRGERN UND DER GEMEINDE?
Alex: „Das Pferd möchte ich anders aufzäumen… viele der Bürger wissen nicht, was überhaupt freiwillige Feuerwehr heißt, die meisten denken wir bekommen Geld, wie die Berufsfeuerwehren. Dem ist aber nicht so. Viele denken auch wir sind 24/7 da, aber nein, wir machen das in unserer Freizeit, unentgeltlich und freiwillig. Wäre schön, wenn diese Tatsache mehr erklärt werden würde und dann auch mehr anerkannt wird. Jede helfende Hand wäre schön, ob aktiv oder finanziell mit einer Spende oder dem Besuch eines Feuerwehrfests. Wenn es irgendwann keine freiwilligen Feuerwehrmänner mehr gibt, kann die Gemeinde im Ernstfall eine Pflichtfeuerwehr einführen, in die dann jeder Bürger im Alter von 18- 60 Jahren einberufen werden kann, und zwar verpflichtend.“

Flo: „Der Wunsch ist der, dass einfach mehr Leute dazu kommen. Auch finanzielle Hilfe von der Gemeinde oder von Bürgern ist wünschenswert. Wir haben davon nichts, sondern jeder, der Hilfe braucht, hat etwas davon. Jeder möchte Hilfe haben, wenn es brenzlig wird, aber wenige helfen uns, um das auch zu ermöglichen.“

GIBT ES EIN SCHLUSSWORT VON EURER SEITE?
Alex: „Freiwillige zur Feuerwehr!! Viele Hände ergeben ein schnelles Ende!“
Flo: „Wer sich dafür interessiert: Kommt zu uns, denn nur mit euch Bürgern können wir helfen und retten.“

Wir danken den beiden für Ihre offenen Worte und wünschen uns auch sehr, dass die freiwillige Feuerwehr bald viele Neuanträge bekommt. Gerne auch als passives Mitglied, um sie mit 15 Euro im Jahr finanziell zu unterstützen.

David Lange & Melanie Decker
Ortsverein SPD Puschendorf

Facebook und Instagram: Feuerwehr Puschendorf
Internet: www.feuerwehr-puschendorf.de
Auf der Internetseite finden Sie auch ein Antragsformular.
Eine gekürzte Version des Gesprächs finden Sie im ortsGespräch, Ausgabe 02/2020.

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